#K ... keep going...

Zur dritten Chemo erschien ich also mit Reisetasche. Wieder der Satz "Aber sonst haben Sie es gut vertragen?" (Ich versuchte ALLES, mich zusammen zu reißen, in unserem Chemo-Zimmer war gute Laune Ehrensache!!! Aber bei dieser Frage kämpfte ich doch wieder mit den Tränen... Nobody is perfect.)

 

 

 

 Zu dieser Chemo hatte mein Mann mir ein TShirt geschenkt. "Supergirl. Stronger. Faster. Better than ever." "Du weißt, das ich das ernst meine?" hat er gesagt.

 

 

 

Ich wusste.

 

 

 

Er wusch das T-Shirt vor jeder Chemo. Ich trug es bei jeder Chemo. "Supergirls don't cry" war was für Weicheier. Was für einen Unterschied machte es denn für die Frage der Tapferkeit, ob ich heulend aufbrach oder nicht-heulend? Ob ich mich senkrecht halten konnte oder torkelte? Ob ich brechen musste oder nicht? Oder ob ich in's Krankenhaus musste?

 

 

 

Wenn die Ärztin mit der Nadel vor mir stand und "Können wir?" fragte. DANN war der Zeitpunkt zu beweisen, dass es stimmte, was das T-Shirt behauptete: Dass ich stark war. Tapfer. Und mutig.

 

Solange ich nicht abbrach, war es egal, was ich konnte - oder nicht konnte; tat - oder nicht tat.

 

Das waren doch Äußerlichkeiten.

 

 

 

"Können wir?"

 

 

 

"Wir können."

 

 

 

Supergirls DO cry!!!

 

 

 

Also auf ein neues. Infusion rein und rüber in die Klinik. Ich bezog mein Zimmer im Krankenhaus. Im Nebenbett lag eine Frau, die die zigste OhrenOP hinter sich brachte. Ich warnte sie vor, dass es bei mir gleich mit brechen und Apathie losgehe, ob sie vielleicht lieber woanders liegen wolle? Sie blieb. Im Zimmer. Und in meinem Leben. Der Krebs hat mir vieles genommen. Aber er hat mir ganz besondere Freundschaften geschenkt...

 

 

 

Ich hatte gelernt, dass jedes Symptom SOFORT behandelt werden musste. Ich nahm die Schlaftablette unmittelbar nach meiner letzten Tablettendosis. Warum sollte ich warten, bis die Übelkeit unertäglich wurde? Ich wusste doch schon, dass ich die Tablette füher oder später sowieso nehmen würde.

 

Ab dem nächsten Tag wartete ich.

 

Diese dritte Chemo war die "harmloseste" des ersten Chemo-Zyklus'. Das Wasser per Infusion zu erhalten war eine enorme Erleichterung, weil dadurch dieses krampfhafte gegen-die-Übelkeit-an-Herunterwürgen wegfiel. Und wenn man Anti-Übelkeitsmedikamente intravenös gibt, bleiben die auch drin... Ich war (mit überziehen der Medikamentendosis) die meiste Zeit SO klar im Kopf, dass ich tatsächlich Fragen auf dem Niveau von "Möchten Sie etwas essen?" erfassen und beantworten konnte.

 

Ansonsten lag ich im Bett, tippte trotz Migräne an meinen EMails, starrte stundenlang auf die Fotos die per mail kamen. SIE hatte diese Chemo gemacht. Und sie war wirklich, ehrlich und ganz fest versprochen NICHT tot. Sondern am Leben. Und sie lag nicht im Krankenhaus sondern erzählte von ihren Wochenendausflügen... Wer Wochenendausflüge macht, den gibt es wirklich. Der ist keine Durchhalteparole. Wenn sie Bilder von ihrer Hochzeit schicken konnte, dann war dieser Tag wirklich gekommen. Es stimmte also wirklich, dass diese Zeit enden würde. Ehrenwort. Und so wartete ich.  Auf den nächsten Tag, auf das Ende der Chemo, auf Godot und was sich sonst so anbot...

 

 

 

Nach einer Woche war das Schlimmste geschafft und ich durfte nach Hause. Im Internet schrieb ich, es sei diesmal "nur zum heulen und kotzen, nicht zum aufgeben und lieber sterben" scheußlich gewesen.  Ich sage ja... Es war die beste Chemo ihrer Art...

 

Kommentare: 1

 

  • #1

 

Eule Nr 1 (Sonntag, 05 Februar 2017 20:43)

 

 

 

Ein Supergirl, das bist du!!