#Z Tage wie diese...

Es ist ein weit verbreitetes Phänomen, dass nach der Krebstherapie nicht der Jubel, sondern erstmal ein Loch wartet. Und ich wäre nicht ich, wenn ich das Loch nicht ausgiebig mitnehmen würde. In voller Höhe, Breite und Tiefe.

 

 

 

„Vom Jammern wird es nicht besser“ … sagte neulich eine Bekannte von mir. Ein wahres Wort. Das blöde daran ist, dass es vom Nicht-Jammern eben auch nicht besser wird.

 

 

 

 

 

 

 

Ich glaube manchmal, wenn man uns Krebs-Überlebende hört, gewinnt man den Eindruck, dass unser Leben vor dem Krebs der Himmel auf Erden gewesen sein muss. Damals, *Hach* damals war alles toll und großartig und wir hatten gar keine Sorgen.

 

 

 

Und wir wollen doch jetzt NUR, dass es wieder genau so großartig und sorgenfrei wird, wie es war...

 

 

 

 

 

 

 

Hm...

 

 

 

Wenn ich ehrlich bin, war ich früher auch nicht Tag und Nacht überglücklich und wusste kaum wohin mit mir vor überschießender Begeisterung. Und auch wenn mir natürlich fern liegt, andere der Übertreibung zu bezichtigen, frage ich mich schon manchmal, ob ich die Einzige bin, die sich bei solchen Gedanken ertappt, obwohl ich früher auch nicht IMMER alles easy und traumhaft fand.

 

 

 

 

 

 

 

Ich habe jedenfalls das Gefühl, dass es ganz so einfach wie „Ich will wieder leben wie vor dem Krebs - perfekt" - eben nicht ist. Sondern, dass sich das Bild verklärt hat. „Früher war sowieso alles besser“ nannte mein Deutschlehrer dieses Phänomen rückwirkend nur das Gute zu sehen.

 

 

 

 

 

 

 

Genau. Früher war... (Ach so, bis auf, dass wir jetzt wissen, woran man wahre Freunde erkennt. Und dass wir unsere eigene Stärke kennen. Und das wir stolz auf uns sein können und...) … selbstverständlich🙄 absoult ALLES besser!!!

 

 

 

 

 

Nun muss man natürlich sagen, dass es für diese Sichtweise gute Gründe gab.

 

 

 

Eine Krebstherapie ist wirklich keine Zeit für Zweifel. Wenn man in dieser Phase Unzufriedenheit, Unsicherheit oder Angst verspürt, schiebt man die auf den Krebs. Der ist der ideale Sündenbock, ist ätzend und an allem schuld, ohne ihn wäre alles besser und überhaupt.

 

 

 

Und das ist ja auch RICHTIG, denn

 

 

 

  1. IST der Krebs an den meisten Problemen dieser Phase WIRKLICH schuld und
  2. ist der Gedanke, „SOOO toll war mein Leben ja nun noch nie“ in einer Zeit in der man durch die Hölle geht um DIESES Leben wieder zurück zu bekommen keine gesunde Selbstkritik, sondern ungesunder Zweifel.

 

 

 

Also hat man die negativen Gedanken verdrängt. Denn der Krebs war schuld an ihnen, das Leben ohne Krebs ist in Wahrheit immerzu wunderschön und man weiß Tag und Nacht vor Glück weder ein noch aus... denn DAFÜR hält man ja schließlich durch... Ein bisschen wie Werbefernsehen fürs eigene Leben.

 

 

 

Und es hat funktioniert und uns durch die Chemo gebracht. Schön und gut.

 

 

 

Nur... Ich glaube diese "Werbebildchen" führen zu überhöhten Vorstellungen, wie es jetzt plötzlich „wieder“ werden soll. Denn SOOO toll, wie wir uns „erinnern“, ist es ja auch früher nie gewesen. - Warum sollte es also jetzt auf einmal so werden?

 

 

 

 

 

 

 

Mit dem Rückzug der Krankheit, sind die alten, damals zurück gestellten, Probleme zurück gekehrt – und neue sind dazu gekommen.

 

 

 

Auf diese Weise treffen zwei Dinge aufeinander:

 

 

 

Einerseits ein verklärtes Bild wie aus der Werbung wie vollkommen das Leben gewesen ist (?) als wir gesund (?) und glücklich (?) waren und alles perfekt (?) war.

 

Und die Schwäche, Schlaf- und Konzentrationsstörungen. Schmerzen, angeschlagener Magen, Zahnprobleme, Knochendichterückgang, Wechseljahresbeschwerden, Panikattacken und was es da alles noch so an Nachwirkungen gibt, die wir neuerdings haben, andererseits.

 

 

 

Kein Wunder, wenn wir überfordert sind und uns nicht mehr belastbar fühlen. Wir beginnen in geschwächtem Zustand. - Und wir legen gleichzeitig die Messlatte ein gutes Stück höher, als sie je war.

 

 

 

Ich hatte monatelang nur vor einer einzigen Sache Angst. Und plötzlich sorge ich mich wieder um 1000 Dinge. - Ich glaube, ich bin auf dem Weg zurück dahin, wo ich herkomme. Eigentlich ein Grund zur Freude. Ich hatte nur vergessen, wie unspektakulär es dort in Wirklichkeit war.

 

 

 

Denn früher, ja damals, da war nämlich alles viel besser...