#DD Die Nerven liegen blank...

Nachsorge.

 

Noch so ein Wort, was mehr als ein Wort bedeutet.

 

Nachsorge bedeutet, dass alles wieder hochkommt. Die Erinnerungen an die Verzweiflung. Und die Angst. Und man fragt sich, was man um Himmels willen tun soll, wenn...

 

Nachsorge....

Ich bin vor kurzem umgezogen und so brauche ich eine neue Frauenärztin für die Nachsorge. Sie ist sehr jung. Sehr nett. Und sehr ratlos, wie mir scheint. Ob ich zum halbjährlichen Ultraschall ins Zentrum für famililiären Brust- und Eierstockkrebs fahre, fragt sie. Und ist überrascht, als ich "Nein, deshalb komme ich doch zu IHNEN" antworte.

 

Sie fragt nach der Antiormontherapie. Ich mag diese Frage eigentlich nicht, denn ich weiß: Es hilft nichts. Die Antihormone müssen sein. Sie verbessern die Prognose ganz erheblich, mehr als die Chemo, durch die ich mich so gequält habe. Ich muss da durch. Muss da durch, auch wenn ich schlecht schlafe. Muss da durch, auch wenn ich mir mehrmals täglich die Kleider vom Leib reiße vor Hitzewallungen. Muss da durch, auch wenn meine linke Hand immer wehtut und steif ist. Muss da durch auch wenn mein Magen immer noch verrückt spielt. Muss da durch, obwohl ich seit der Antihormontherapie dauernd wegen nichts in Tränen ausbreche.

Ich muss da durch und fertig.

"Es geht schon." sage ich. "Ach sehr gut" strahlt sie. "Manche sagen ja, man bekäme von den Antihormonen Wechseljahresbeschwerden... Aber wenn Sie die nicht haben!!!" 😀😀😀

Ich stelle klar, dass ich diese Beschwerden auch habe.

Sie versichert mir, wie wichtig die AHT sei.

(Das wusste ich schon.)

Die Nebenwirkungen müsse ich daher ertragen.

(Tue ich ja.)

Sichtlich befriedigt ob des guten Ausgangs dieses Dialogs schreiten wir zur Untersuchung.  Die Schleimhäute seien ja sicher sehr in Mitleidenschaft gezogen? - "Nein, die Schleimhäute sind in Ordnung" - Also, für die kaputten Schleimhäute solle ich unbedingt... "Oh, Ihre Schleimhäute sehen ja WIRKLICH gut aus". Ich verkneife mir sämtliche dummen Bemerkungen, es ist nicht ihre Schuld, dass ich Angst habe. Wir einigen uns daher darauf, dass meine Schleimhäute gut aussehen.

 

Dann ist es soweit. Ultraschall.

Endlich.

Sie schallt und wird blass. Da sei "Flüssigkeit" zu sehen, ich solle es "vorsichtshalber" abklären lassen. Ja zügig bitte. Vorsichtshalber. Nein, ich brauche nicht in mein altes Brustzentrum fahren. Das sei doch kein Problem: Das Brustzentrum in der Nachbarstadt sei super. Alle sehr nett, sicher bekäme ich kurzfristig einen Termin. Vielleicht gleich morgen. Ja, ganz bestimmt, sie kenne die Leute...

 

Sie gibt mir mit blassem Gesicht und todernster Mine die Hand. "Und melden Sie sich - sobald sie etwas wissen."

 

Mein Puls ist auf gefühlt 500. Ich schlucke die Tränen und rufe das von ihr empfohlene Brustzentrum an. Dort erfahre ich, dass sie keine Termine vergeben, solange dort nicht alle meine Unterlagen vorliegen. Diese möge ich erst einmal beschaffen, sicher sei es nicht soooo eilig, in der nächsten Woche sei auch sowieso nichts mehr frei... 

 

Jetzt kann ich die Tränen doch nicht zurückhalten (Scheiß Antihormone!) und so stehe ich heulend auf der Straße vor der Praxis. Nach 2 Min heulen reiße ich mich am Riemen und rufe "mein" altes Brustzentrum an, ob sie mich untersuchen können - bitte?.

"Selbstverständlich." -  Termin 2 Tage später.

Danke!!!

Es sind 3 Stunden Fahrt pro Strecke, ich habe "eigentlich" keine Zeit und mir ist schlecht vor Angst. Ich sage mir 1000 mal (und ich höre überall) da werde sicherlich nichts sein... Aber gerade diese Überzeugung triggert in mir die Erinnerung an einen anderen Arzttermin. Gleiches Krankenhaus, gleicher Flur. Damals... als ich noch dachte, die kleine feste Stelle in der linken Brust werde nichts sein...

Nach drei Tagen Panik. Magentabletten und Schlaflosigkeit. Nach Zittern und  Alpträumen und tapfer sein, macht mein Operateur einen Ultraschall und sagt

 

"100%ige Entwarnung"

 

Alles sei absolut normal, nichts zu tun.

 

Der Krebs hat mich ungerecht werden lassen. Ich weiß ja.  Die Ärztin war jung und bemüht. Sie wollte alles bedenken und alles richtig machen. Das ist nett. Und trotzdem könnte ich sie schlagen: 3 Tage Panik, weil SIE den Ultraschall nicht auswerten kann? Blödes Gequatsche über Wechseljahre, während SIE nicht mal weiß, was das ist?

 

Die Psychoonkologinnen würden jetzt sagen, ich müsse den Ärzten vertrauen...

 

Aber Mario Barth würde sagen: " Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten."