#LL Bleiben Sie ganz ruhig. Es besteht doch nir Lebensgefahr...

... die Nachsorge steht an.

 

Wieder einmal.

 

Und mir ist trotz Überdosis Magenmedikamenten so übel, dass ich wohl nachher eine Kotztüte mitnehmen werde - wieder einmal. Ich bin heute schon zweimal in Tränen ausgebrochen, wieder einmal und ich frage mich wozu ich mir das alles antue, weil der Mensch ja letztlich doch stirbt - wieder einmal...

 

Nachsorge. "Das ist nicht schlimm." sagen die Leute.

"Nur eben Ultraschall" sagen die Leute

und

"Was soll schon sein?" sagen die Leute.

 

Was soll schon sein?

 

Nun zum Beispiel könnte es ein Rezidiv sein. Das hieße, dass wir nicht alles erwischt haben. Hieße, dass die Träume und Pläne, die gerade langsam in meinem Unterbewusstsein zu wachsen beginnen alle auf den Müll gehören, noch bevor ich sie auch nur fertig formulieren konnte. Hieße wieder Chemo und wieder  #vorsichtshalber-die-ganz-harte-Tour... 

 

Zum Beispiel könnte es ein neuer primärer Tumor in der anderen Brust sein. Das hieße, dass mein Onkologe mit "negativer Gentest hin oder her, in Ihrer Familie ist doch irgendetwas" Recht gehabt hätte. Hieße, dass man doch hätte-amputieren-sollen. Hieße, dass die Brüste abkämen. Beide. Hieße OP.  Hieße Krankenhaus. Hieße Großaktionen und die Frage, ob ich Implantate will; - oder einen RIESIGEN Eingriff mit Eigengewebe - oder den Rest meines Lebens ohne Brüste verbringe. Hieße hoffen und beten, weil es möglicherweise- möglicherweise diesmal ohne Chemotherapie ginge. "Nur" mit doppelter Mastektomie und Bestrahlung.

 

Und es hieße, dass DAS die GUTEN Nachrichten wären. Die Optionen, bei denen ich dankbar  wäre. Zutiefst dankbar und unfassbar erleichtert. Weil noch nicht alles verloren wäre. Weil man was tun könnte. Weil wirklich echt ehrlich und realistischerweise gesagt werden könnte: "Es besteht Hoffnung. Der Mist ist heilbar. Wir kriegen das weg. -  Glück gehabt!!!"

 

 

Heute Nachsorge.

 

Was soll schon sein?

 

Nun, es könnte natürlich auch sein, dass ich, wenn es mich nochmal erwischt, nicht wieder so ein unfassbares Glück haben darf. Und das Ergebnis nicht soooo grandios ausfällt. Ich hab da einen Pickel - der könnte auch eine Hautmetastase sein. Mir war häufiger schwindelig in diesem Sommer. Wahrscheinlich eine Nebenwirkung der Medikamente - aber natürlich könnte  das auch ein Zeichen von Hirnmetastasen sein. Es könnte sein, dass der Ultraschall Auffälligkeiten an den Eierstöcken zeigt, meine gutartige Leberzyste könnte  doch bösartig oder es könnte...

Es könnte....

 

KÖNNTE.... und in DEM Fall, wäre die Sache dann anders. DANN könnte man von solchen Sachen wie sechs Monate unerträglicher Chemotherapie plötzlich nur noch träumen. Weil nicht einmal DIE noch das Wunder vollbrächten den Krebs weg zu bekommen.

Weil die Zeit dann zu knapp und zu kostbar wäre, um sie mit heulend-über'm-Klo-hängen zu verbringen und das Ergebnis zu mager.

 

KÖNNTE.... und DANN hätte ich nicht mehr den Luxus rumzugammeln, meine Psyche zu sortieren und neue Träume und Pläne zu züchten. -  Weil DANN das Leben plötzlich kurz wäre.

 

KURZ wie in "dankbar, wenn ich noch ein paar Jahre lebe"

KURZ wie in "Jeder Geburtstag könnte der letzte sein."

KURZ wie in "Mehr Risiken eingehen, weil weniger zu verlieren."

 

Richtig kurz.

 

"Wird schon nicht?" Nein. Es wird schon nicht. Wahrscheinlich gehe ich da nachher rein, höre mir eine Viertelstunde an, was ich fürn riesiges Glück gehabt habe (Irgendwie habe ich das Gefühl, dass diesen Satz am liebsten Frauen mit kleinen Kindern und langen Haaren sagen, die gerade braungebrannt und frisch aus dem Urlaub zurück sind, aber genau wissen, wie ich mich fühle, schließlich hatte die Oma ihrer Nachbarin letztes Jahr auch Brustkrebs und das war ganz schrecklich für sie und...) und bin nach einer Viertelstunde wieder raus.

 

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An dieser Stelle habe ich vorhin aufgehört zu schreiben, weil ich losmusste. - Zur Untersuchung.  Ich bin auf dem Weg zum Bahnhof mit einem Schild zusammengestoßen, weil völlig weggetreten. Ich habe unterwegs gezittert und gefroren, habe jede Frage mit "Ich weiß es nicht" beantwortet und bin mehrfach fast in der UBahn in Tränen ausgebrochen.  Ich habe meinen Mann angeschnauzt, der extra frei hatte um mit zu kommen, habe alleine nichts hinbekommen, hatte die Adresse liegen lassen und bin irgendwie kopflos durch die Gegend gelaufen.

Und dann waren wir da.

 

Und ich hatte alle Unterlagen, die die Ärztin brauchte zusammen. Ich wusste die Antwort auf jede Frage, ich hatte an alles gedacht. Die Ärztin nahm meine Bedenken ernst, untersuchte alles sorgfältig und war ebenso wie ich der Meinung, dass wir alles, alles abgeklärt haben wollen. Nur vorsichtshalber.

 

Und so kam ich dort wieder heraus. - Der Ultraschall unauffällig, Ärztin und ich erwarten nichts im Abstrich und MRT. Es ist super gelaufen, die Ärztin war beeindruckt, weil gut informiert und Eigenverantwortung und so... 

 

Es ist alles gut. -

 

Bis zur nächsten Untersuchung. - Und... was soll da schon sein? ...

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Kommentare: 2
  • #1

    Debbie (Dienstag, 26 September 2017 12:13)

    Oha, den "Was soll schon sein?" hat mein Mann vor einigen Nachsorgen mal rausgehauen und mich damit in einen Heul-Wutausbruch gebracht.

    Denn die Antwort auf "Was soll schon sein?" ist: DAS ist der Termin, wo die Wahrscheinlichkeit, wieder was zu finden, am Allerhöchsten ist. Bei diesen Termin steht unsere ganze Zukunft miteinander, die Arbeit, die vielleicht-Kinder und unser "und sie lebten glücklich bis ..." auf der Kippe. Und ich kenne Frauen, die zuversichtlich zu ihren Nachsorgen hingingen und am Boden zerstört wieder rauskamen. In meine erste Mammographie nach Auffinden des Knotens bin ich erhobenen Hauptes mit "Was soll das schon sein" gegangen und meine Welt zerbrach.

    Die ersten Nachsorgen waren die Allerallerschlimmsten. Es wird langsam besser. Aber wenn ich im MRT stecke, stört mich nicht die unangenehme Untersuchung, sondern nur der Gedanke "Was wird sein?" und alles an und in mir betet "Oh bitte lass mich niemals nach der Nachsorge: 'Es tut uns sehr leid Ihnen sagen zu müssen.' hören...."

  • #2

    Tanja (Donnerstag, 28 September 2017 19:27)

    Nach jeden Nachsorgetermin denke ich "Wieder drei Monate Leben gewonnen"...

    Habe von jemanden, der vor 18 Jahren Krebs hatte, gehört, dass es nach JAHREN besser wird...